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Montag, 14. März 2011

01 Property of Edward Masen

01 Property of Edward Masen

Bellas PoV

‚Alice, ich hasse dich.‘
Das waren so ungefähr meine Gedanken, als ich in diesem Club stand und mich unwohler kaum fühlen konnte. Entweder war sie eine wahre Sadisten oder tatsächlich so ignorant, wie sie sich gerade gab.
Am späten Nachmittag war sie in mein Zimmer gestürmt und hatte verkündet, dass wir alle in einen Club gehen würden. Heute Abend sollte dort eine tolle Band auftreten und es gäbe auch eine Happy Hour. Mit der Happy Hour hatte sie Tanya überzeugt, Rose mit der tollen Band und ja mich hatte sie eigentlich nur mit Gewalt dazu bekommen, mitzukommen. Aber okay, das war Alice. Man musste sie einfach lieben oder hassen.
Ich persönlich tendierte gerade mehr zu Zweiterem. Wieso? Es könnte mit der Tatsache zusammenhängen, dass, kaum dass wir den Club betreten hatten, alle drei verschwunden waren. Sie hatten mich hier einfach allein stehen lassen, Freiwild für Männer. Meine Rache würde gar fürchterlich sein.
Denn kaum fünf Minuten, nachdem sie in der Menge verschwunden waren, tauchte neben mir irgendein Kerl mit braunen Haaren und blauen Augen auf, der der Überzeugung erlag, dass er das Gottesgeschenk für die Frauen war.
Ich hatte seinen Namen noch vergessen, bevor er bei seinem Nachnamen angekommen war. Eigentlich fühlte sich das ganze Gespräch mehr nach einem Bewerbungsgespräch an, so genau wie er war. (Natürlich hatte er keinerlei Schwächen. Räusper.) Er erzählte mir alles von seinem Leben und ganz ehrlich? Viel gab’s eigentlich nicht zu erzählen. Die Geschichten wurden nur immer wieder nacheinander erzählt, wohl in der stillen Hoffnung, dass ich bereits vergessen hatte, dass er mir von ihnen erzählt hatte, damit ich nicht bemerkte, dass die Geschichten mit jedem Mal extremer wurden. Einfach traurig.
Ich wurde ihn aber auch nicht los. Was ich eigentlich nicht verstand. Als eine Art stillen Protests hatte ich mein Lieblingstshirt angezogen, was Alice alles andere als gut fand. Um genau zu sein, hatte sie sich bis zu dem Zeitpunkt beschwert, an dem sie einfach verschwunden war. Ich fand mein T-Shirt eben lustig.
Jedenfalls hatte ich alles versucht. Ich hab ihm erst subtile Hinweise gegeben, dann war ich zum Gähnen übergangen – worauf er nur meinte, ich solle mir doch die Hand vor den Mund halten – und schließlich hatte ich behauptet, ich müsse auf die Toilette, war aber ohne Umwege – und für ihn gut sichtbar – zur Bar gegangen und hatte mich dort hingesetzt. Er war mir einfach gefolgt.
Ich wollte gerade dazu ansetzen, ihm auf einem direkten, schmerzvollen Weg einen Korb oder Tritt zu verpassen, als neben mir ein anderer Kerl auftauchte.
Super jetzt hatte ich schon zwei. Alice würde bitterlich dafür büßen. Das schwor ich auf das Grab meiner unzähligen toten Goldfische meiner Jugendzeit. Mögen sie auferstehen und sie in ihren Träumen verfolgen!
Ich schaute mich schnell um und versuchte, Rose oder Tanya zu finden, aber die eine hing bereits einem Kerl am Hals und die andere stand bei einem riesigen Kerl mit langen schwarzen Haaren und unterhielt sich aufgeregt mit ihm.
Ich war also weiterhin auf mich allein gestellt. Bei solchen Freunden wollte ich nicht wissen, was Gott für Feinde für mich bereit hielt. Vielleicht hatte ich das auch in meiner Kindheit falsch verstanden. Vielleicht waren das hier meine Feinde. Nein. Ich liebte sie ja. Nur gerade jetzt sehr wenig.
Der zweite Kerl war größer als Mr. Hab-ich-dir-schon-von-dem-Hai-erzählt-den-ich-damals-mit-meinen-eigenen-Händen-gefangen-hatte – es fing alles mit einer einfach Bootstour an. Er grinste den anderen Typen amüsiert an und beugte sich kurz zu mir runter. Ich war kurzzeitig versucht, ihm in meiner Wut und Frustration entweder ins Ohr zu schreien oder es abzubeißen, aber glaubte nicht, dass seine Antwort darauf besonders berauschend gewesen wäre. Außerdem war es verrückt.
„Du siehst so aus, als ob du dir entweder ein Messer oder eine Rettung wünschst. Kann man behilflich sein?“
Seine Stimme war ja schon ganz nett. Okay, mehr als nett. Okay, vielleicht bin ich ein wenig rot geworden und hatte ihn fasziniert angesehen. Aber nur vielleicht.
So von Nahem betrachtet, hatte er auch wirklich schöne grüne Augen.
Swan! Krieg dich mal ein.
Der braunhaarige Kerl bekam indes langsam mit, dass ich ihm nicht einmal einen Funken Aufmerksamkeit schenkte, in der Tat hatte ich vergessen, dass es ihn gab. Schade, dass er sich durch ein Räuspern wieder in meine Realität reinmogelte.
Ich nickte dem Schönling kurz zu, als Zeichen meines Einverständnisses, bevor ich erneut einen Schluck meines Sex on the Beach nahm. Lecker das Zeug. Wie der Schönling wohl schmeckte. Wie viel vom dem Cocktail mich das wohl denken ließ? Ich behaupte viel.
Der Schönling räusperte sich kurz und der andere sah ihn kurz genervt an, da er scheinbar ungern bei seinen Erzählungen – ich hatte nicht mal bemerkt, dass er wieder angefangen hatte zu reden – gestört wurde. „Schatz, willst du mir nicht deinen neuen Freund vorstellen?“ Ich sah ihn kurz ungläubig an. „Okay. Dann mach ich das eben selbst. Ich bin Edward Masen. Freut mich dich kennen zu lernen. Und du bist?“, fragte er so scheinheilig, dass ich beinahe eher undamenhaft geschnaubt hätte.
Der Idiot zog eine seiner sicher gewachsten Augenbrauen hoch und betrachtete ihn kurz. „Mein Name ist Ferdinand“ Ich wusste es, wie mein damaliges Frettchen, auch verstorben. „Hans.“
‚Edward‘ – ich wusste schließlich nicht, ob das sein richtiger Name war – sah ihn kurz fragend an. „Hans?“ Dann nickte er kurz zu sich selbst. „Und wo kommst du her, Ferdinand?“
Mr. Von und zu Hans – war das nun sein Nachname? Warum gab ich mich nochmal mit beiden ab und ergriff nicht unbemerkt die Flucht? – verdrehte seine Augen und fragte genervt, wieso er das wissen wolle.
Edward strahlte ihn übertrieben und falsch an. „Ach, weißt du. Es ist immer etwas unangenehm, wenn man dem falschen Mann seine teure Karosse zerschlägt. Ist meist ziemlich teuer und seit dem frage ich vorher nach, um sicher zu gehen, dass es dein dicker Benz ist, der das Vergnügen haben wird, von mir und meinen Kumpeln zu einem Klumpen Altmetall verarbeitet zu werden. Du verstehst das doch sicher oder?“
Ferdinand sah ihn kurz verstört an, ergriff aber dann die Flucht. Seine Karre war ihm eindeutig lieb genug, um ihn davon zu jagen. Den Trick sollte ich mir merken. Man konnte schließlich als Frau auch ohne männliche Verstärkung super ein Auto demolieren, zerkratzen, Reifen plätten und so weiter.
Edward oder wie auch immer grinste mich an. „Ich glaube, der kommt nicht mehr so schnell wieder.“ Er sah kurz über meine Schulter hinweg und seufzte dann kurz, bevor er mich anlächelte. „Man sieht sich sicher später, Bella.“ Und schon war er in den Massen verschwunden.
Nooooooin. Jetzt war der Kerl verschwunden, der mein T-Shirt getrost hätte vergessen können. Oder für den ich einen Zusatz drauf gedruckt hätte. ‚Besteigen verboten, Eigentum von Edward Masen.‘
Ich bestellte mir einen Cosmopolitan, um mich ins Vergessen zu trinken, als Rose neben mir auftauchte. „Bella, die Band tritt jeden Moment auf. Komm schon.“
Sie zerrte mich – an diesem Abend hatte ich noch nichts freiwillig getan – hinter sich her in Richtung der Bühne.
Dort wartete man nur noch auf die Band, die wohl jeden Moment erscheinen würde. Ich persönlich hatte mein absolutes Tief gerade erreicht. Erst dieser Idiot und dann läuft mir der Schönling davon.
Ich ignorierte Rose, die mir beständig irgendwelche Fakten über die Band fütterte. Es stellte sich raus, dass sie sich vorhin den Tourmanager der Band gekrallt hatte. Sein Name war Jackson, Jake oder Jacob oder irgendein anderer Name mit J, der mich wenig interessierte. Ich wollte meinen Schönling zurück. Wenn es nicht zu kindisch gewesen wäre, hätte ich mit dem Fuß aufgestampft, eine Schnute gezogen und den ganzen Abend jeden böse angestarrt.
Mit einem Mal wurde es dunkel im Club und die Musik fing an. Kaum, dass das Schlagzeug miteinstimmte, ging auch endlich wieder das Licht an. Und da saß er. Mein Schönling. Der Schlagzeuger.
Ich habe vielleicht eventuell nur ein wenig mit offenem Mund vor der Bühne gestanden und ihn angestarrt. Darüber verpasste ich beinahe, wie der Sänger anfing ins Mikro zu schreien. „Turn your radio off, turn your video off, turn your stereo off and kick that shit out your window. Hit the streets, feel these beats, cuz what I’m gonna show you is exactly what you need!”
Bis jetzt gar nicht mal so schlecht. Was mich persönlich wunderte, war, dass Rose den Text bereits mitsingen konnte. Woher zum Teufel kannte sie dieses Lied?
„So, if you’re with it.“, sang der Frontmann, worauf der Rest der Band ins Mikro, „All night!“, schrie.
„Just admit it.“ – „Alright!” – “Cuz tonight is going down.” – “Girls” – “Shake your body!” – “Boys” – “Grab a hottie!” – “Ohoh!” – “Let’s get naughty!”
Selbst die Menge konnte mindestens Teile des Liedes mitsingen. Wo war ich nur hingeraten?
Jetzt sangen der Frontmann und mein Schönling. Hatte ich gerade ‚mein‘ gesagt? Was ich meinte war mein, natürlich, äh mein, nein äh der! Der Schönling. Gut gerettet, Swan…
„Everybody just grab somebody. Now everybody sing! I’m gonna get, I won’t let it go for a minute as long as you are with it!”
Danach sang wieder nur der Frontmann wieder, was ich nur daran bemerkte, dass mein – der Schönling aufgehört hatte, seine Lippen zu bewegen, und nur noch breit grinste.
„This ain’t no trick or treat. It’s a stick up for sweets where even crybabies get some. We’ve got a common position, a low inhibition and lots of ammunition, girl!”
Danach folgte wieder der Chorus, den wohl inzwischen wirklich jeder konnte. Ich musste  mir eingestehen, dass selbst ich Teile davon konnte. Schande über mein Haupt. Ich schob die Schuld dem Schönling zu. Ha! Ich hatte mein Schönling gesagt, äh der Schönling. Tz…
Darauf folgte der Frontmann mit: „If you try to slow us down, we show everyone around that there’s no way you can stop us. Cuz tonight we’re scandalous. Even cops can’t handle us. Cuz tonight we’re on the grind!”
Die ganzen Leute, die in der Nähe der Bühne waren, sprangen hoch und runter, manche sprangen wild gegeneinander und ich war mittendrin. Unfreiwilligerweise. Merkt euch das!
Es folgte nur noch der Refrain und dann war das Lied wohl vorbei. Ich sage ‚wohl‘, weil ich den Hauptteil meiner Aufmerksamkeit meinem Schönling – ich akzeptiere mein Schicksal einfach – und diversen Phantasien mit ihm schenkte.
Sie spielten noch drei weitere Lieder, bevor eine Pause eingelegt wurde. Ich beobachtete meinen Schönling, wie er von der Bühn in den Backstagebereich schritt und wandte mich sofort Rose zu. Antworten mussten her.
„Wer waren die?“ Ich wusste, dass der Frontmann sie irgendwann vorgestellt hatte, aber naja, ich hatte nicht gerade viel aufgepasst. Ein zweites Mal, Schande über mein Haupt.
„Heute Abend die Wishy-Washies.“ Ich sah sie fragend an. Ich meine, heute Abend? „Naja, sie haben sich immer noch nicht auf einen richtigen Namen geeinigt (AN: Nicht weil die Autorin sich noch unsicher ist! Nein! – öh Vorschläge… gerne, immer her damit.) und entscheiden sich jeden Abend neu. Deshalb konnte mir Alice auch keinen Namen sagen, als sie uns davon erzählt hat.“
Ich nickte leicht. „Und warum konnten so viele ständig Lieder mitsingen? Muss man die kennen?“
Sie lachte. „Bella, du hast echt keine Ahnung. Das erste Lied war von 4Lyn. Das ist eine Coverband. Die spielen fast nie eigene Lieder. Dass dir das aber auch nicht auffällt. Es sollte mich eigentlich nicht wundern.“, lachte sie.
Ich fühlte mich persönlich beleidigt und streckte ihr, kindisch wie ich war, die Zunge raus. „Na und? Ich kann nicht jede Band kennen.“, erwiderte ich in einem pampigen Ton.
Dann fiel mir wieder ein, dass Rose sich ja mit diesem J-Dingens unterhalten hatte und somit vielleicht Informationen zu meinem Schönling hatte. „Weißt du irgendwas über den Schlagzeuger?“ Ihr breites Grinsen deutete darauf hin, dass sie mir schon auf der Schliche war. Schnell. Eine Ausrede. „Er kommt mir irgendwie bekannt vor. Deshalb. Nicht weil er so gut aussieht.“ Naja, fast gerettet. Heute war eindeutig nicht mein Abend.
„Ich glaube, ich weiß, woher er dir bekannt vorkommt. Du standest vorhin nämlich direkt neben ihm und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass er dir den Trottel vom Leib geschafft hat.“ Ihr Grinsen nahm solche Ausmaße an, dass ich befürchtete, bald einen Schutzbunker aufsuchen zu müssen, um mich vor den explodierten Teilen ihres Gesichts zu retten. Ich übertreibe? Nein, es ist der Alkohol, der übertreibt oder mich übertrieben macht. War das überhaupt grammatikalisch richtig? Und wen interessierte das?
„Dann hat dir deine zuverlässige Quelle sicher auch gesagt, dass er mich dann einfach hat stehen lassen.“, zickte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Meine Quelle hat mir verraten, dass er das wieder gut machen will. Er musste nur schnell hinter die Bühne, weil sie ja jeden Moment anfangen sollten zu spielen.“, erklärte sie.
Tz. Die Ausrede war nicht gut genug. Aber bevor ich noch etwas Weiteres sagen konnte und mir meine Grube langsam aber sicher grub, ging das Licht wieder aus.

Montag, 20. Dezember 2010

00 Prolog

00 Prolog

Leise vor mich hinsummend saß ich jetzt hier. In unserer... nein... meiner Wohnung. Ich wusste nicht genau, wie viele Stunden ich hier saß. Vielleicht waren es auch schon Tage. Es interessierte mich leider nicht sonderlich, sonst hätte ich diesem Aspekt sicher mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Ich hatte mich erst drei Mal von der Stelle bewegt.
Einmal als ich dringend etwas zu trinken brauchte. Die Kopfschmerzen waren einfach unerträglich gewesen.
Das zweite Mal folgte ein paar Stunden später, als ich dringend aufs Klo musste. Ich hätte wohl nicht so viel schwarzen Tee trinken sollen. Nicht nur dass ich deswegen noch einmal aufstehen musste, nein, ich hatte mir auch noch meine Zunge verbrannt.
Das dritte Mal war, als mir unerträglich kalt wurde, was eine gefühlte Ewigkeit her war. Wir hatten zwar Sommer, aber ich zitterte wie verrückt und fühlte die Kälte, die sich langsam in meinem Körper ausbreitete. Ein besonders schönes Gefühl war das nicht. Wäre es erträglicher gewesen, hätte ich mich sicher nicht aufgerafft und mir eine Decke geholt. Sie roch nach ihm.
Im Hintergrund hatte ich leise eine CD laufen lassen. Am Anfang hätte ich sie am liebsten sofort wieder aus der Anlage gezerrt und gegen die nächstbeste Wand geworfen und wäre lachend auf ihr herumgesprungen. Aber mit der Zeit war der Effekt, den sie auf mich hatte, eher beruhigend. Besonders ein Lied hatte es mir angetan. Deshalb drückte ich unablässig Repeat und lauschte den Klängen und seiner Stimme.
Die Kopfschmerzen hatten langsam der Müdigkeit Platz gemacht. Ich war so unendlich müde. Warum war mir das passiert? Warum war uns das passiert? Es war so schrecklich unfair.
Ich zog meine Beine an, legte meine Arme um diese und stützte meinen Kopf auf meinen Knien ab. Mein Blick wanderte durch die Wohnung und blieb an den Glassplittern hängen. Sie lagen direkt neben der Kommode, auf der zuvor immer unser AB gestanden hatte, und umrahmten das Bild und dessen Rahmen, welches ich auf den Boden hatte fallen lassen.
Erst war es zu schmerzhaft gewesen, das Bild aufzuheben. Jetzt. Ja, jetzt war ich zum einen zu müde und zum anderen war es der Beweis, dass ich das hier wohl nicht nur träumte.
Ich schloss für einen Moment meine Augen und atmete tief durch.
Vielleicht träumte ich ja doch nur und redete mir ein, dass das passiert war. Aber wieso sollte ich das tun? Da lag der Hund begraben. Ich würde doch niemals von so etwas träumen, so grausam war mein Unterbewusstsein sicher nicht. Und mein inzwischen leicht bläulicher Oberarm bewies, dass Zwicken entweder niemanden aus seinen Träumen weckte oder aber das alles der Realität entsprach.
Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich auf den Knopf drückte, der mir erneut das Herz brechen würde.

Sie haben 8 neue Nachrichten.

Das stimmte nicht ganz. Ich hatte die Nachrichten schon so oft gehört, dass ich sie mitsprechen konnte.

Erste Nachricht: Hey... öhm... ich bin‘s. Edward.

Ich lächelte schwach, als ich seine Stimme hörte. Ich konnte mich noch genau an den Tag erinnern, als ich nach Hause kam und diese Nachricht hörte.
In diesem Moment wurde es im Hintergrund laut und man hörte noch eine zweite Stimme.

Alter, jetzt mach mal hinne. Das ist ja nicht zu ertragen. Ich dachte, du wärst ein gestandener Mann und nicht so ein verpickelter, kleiner Teenagerjunge, der gerade versucht seiner großen Liebe eben diese zu gestehen!

Ein leises Lachen entfloh meiner Kehle. Typisch Jack.

Halt dich da raus. Geh die anderen nerven.

Man hörte deutlich wie nervös und jetzt auch gereizt Edward war. Am anderen Ende der Leitung hörte man als nächstes, wie er tief durchatmete. Er hatte mir später gestanden, dass er so aufgeregt war, dass er beinahe einfach wieder aufgelegt hätte.

...Also gut. Ich... nun ja... ich wollte mich bei dir melden, weil... naja wir haben uns jetzt seit zwei Wochen nicht gesehen und ich wusste nicht, ob du mich anrufst oder ich dich anrufen sollte oder...

Ed, lass dir Eier wachsen. Mit deinem Gestottere kommst du nicht weit bei den Ladies.

Ich konnte mir richtig vorstellen, wie Edward jetzt versuchte Nathan mit seinen Blicken zu töten.

Schon gut, schon gut! Ich wollte fragen, ob wir uns treffen könnten. Irgendwo. Und nur wenn du willst. Ich würde mich wirklich freuen, dich wiederzusehen.

Man konnte das Schmunzeln beinahe hören. Die Jungs hatten mir später erzählt, dass er hochrot angelaufen war und durch den Bus getigert war.

Autsch!

Steven hatte ihm ein Bein gestellt. Das allgemeine Lachen neben Edwards Fluchen war für ein paar Sekunden das einzige Geräusch, was man vernehmen konnte.

Au. Jedenfalls, melde dich doch bitte bei mir. Meine Nummer hast du ja... Oder?

Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hatte. Ich hatte nicht geglaubt, dass er sich bei mir melden würde oder dass ich jemals den Mut dafür aufbringen könnte, und hatte sie gelöscht.

Falls nicht... dann wäre das die...

Als ich ihm gestand, dass ich sie nicht mehr wusste, hatte er mich damals kurz verletzt angesehen. Seitdem konnte ich sie auswendig. Ich hatte es ja nur getan, weil ich glaubte, dass wir einfach keine Zukunft zusammen hatten.
Autsch. Die hatten wir jetzt auch nicht mehr.

Zweite Nachricht: Hey Schatz. Ich vermiss dich. Warum musst du auch unbedingt studieren?

Für diesen Satz hatte er später einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen. Er hatte darüber gelacht und mich geküsst.

Wir haben uns jetzt vor drei Wochen das letzte Mal gesehen und ich will gar nicht daran denken, dass es noch weitere drei dauert, bis ich wieder bei dir bin. Weshalb ich eigentlich anrufe... naja... ich wollte fragen, ob du nicht vielleicht übers Wochenende zu uns kommen könntest. Dieses oder nächstes. Und, bevor du deine fast berechtigten Einwände einlegst, Erin wollte auch runterfliegen mit einer Freundin, aber die ist krank. Sie hat angeboten, dir die Karten wirklich günstig zu verkaufen, weil sie sonst einfach verfallen. Also bitte. Ich vermisse dich schrecklich.

Am nächsten Tag hatten wir eine lange Diskussion darüber geführt, ob das wirklich eine so gute Idee wäre. Erin und ich waren nicht gerade die besten Freundinnen.

Dritte Nachricht: Hey Baby, ich ruf nur an, um dir Bescheid zu sagen, dass ich es heute nicht schaffe. Unser Bus hatte eine Panne und jetzt sitzen wir hier in diesem Kaff fest, bis der Ersatzbus da ist. Ich weiß nicht, wie lange das in etwa dauern wird. Es tut mir leid. Ich liebe dich.

Das Lächeln war wie weggefegt. Er war zu diesem verdammt wichtigen Termin nicht gekommen.
Ich seufzte. Das war der Auslöser für eine unserer heftigsten Streitereien.
Im Nachhinein wünschte ich, dass es nicht dazu gekommen wäre. Dadurch hatte ich nur Zeit mit ihm verloren.

Vierte Nachricht: Bella! Hey Schatzi! Wie geht‘s dir? Uns geht‘s prima. Ich wollte nur anrufen, weil... um anzurufen. Das klingt jetzt irgendwie seltsam. Aber. Ja. Kein Aber.

Das Lachen, was darauf von Edward folgte, zeugte von mindestens 8 Bierflaschen, zu diesem Zeitpunkt geleert.

Leg das Telefon weg! Wir müssen FEIERN!

Das war Sam gewesen. Darauf folgte eine längere Diskussion über die vermeintliche Wichtigkeit des Gesprächs, bis Sam nachgab.

Dann mach eben. Aber beeil dich.

Jaja... Schatz, ich liebe dich soooooo sehr.

Das Grinsen konnte man wieder hören. Dann wurde seine Stimme leiser.

Ich vermisse dich so sehr. Jeden Tag. Macht nur halb so viel Spaß ohne dich. Ich liebe dich.

Fünfte Nachricht: Hey Bells, morgen ist es endlich soweit! Zwei verdammte Monate. Das nächste Mal kommst du mindestens einen Monat mit. Ich halt das nämlich echt nicht aus. Das musst du mir versprechen, ja?

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Die Tränen brannten wieder in meinen Augen.

Wo müssen wir lang? Rechts oder links?

Jake und Edward waren noch unterwegs, um was zum Trinken zu organisieren.

Rechts. Jedenfalls, Schatz, ich vermisse dich und morgen musst du mich den ganzen Tag ertragen, damit ich die verloren gegangene Zeit mit dir kompensieren kann. Denk nicht mal dran, auch nur einen Schritt ohne mich zu tun.

Wie sehr ich mir wünschte, dass das wahr werden würde. Dann wäre er jetzt bei mir. Ich würde ihn garantiert nicht mehr loslassen. Ich würde sogar mein dämliches Studium schmeißen.

Denk dran. Nur noch einen Monat.

Gott, er klang so glücklich. Mein Herz brach in diesem Moment. Er wusste nicht, dass es nicht nur in einem Monat einen Grund zum Feiern gegeben hätte. Heute wäre noch einer gewesen und in 6 Monaten wieder.
Jetzt liefen diese verfluchten Tränen wieder.

Gott, ich liebe dich so sehr und ich freue mich riesig auf Morgen. Ich vermisse dich. Bis morgen, meine baldige Mrs. Masen.

Sturzbäche. Es war alles so gemein. So unfair.
„Nein, nein, nein, nein.”, wiederholte ich mein Mantra. Ich bildete mir das alles nur ein.

Sechste Nachricht: Bella? Bella?! Geh schnell an dein Telefon! Jake hat angerufen. Es ist etwas passiert. Bitte melde dich ganz schnell.

Ich schluchzte auf. „Nein, nein, nein, nein.”

Siebte Nachricht: Bells? Süße? Komm schon, geh ran. Ich bin‘s Emmett. Bitte geh an dein Telefon. Es ist wirklich wichtig.

Ich schüttelte jetzt zeitgleich meinen Kopf. „Nein, nein, nein, nein.”

Achte Nachricht: Isabella! Geh an dein verdammtes Telefon! SOFORT! Es ist wichtig! Egal was du gerade tust und denkst, ist wichtiger. Los geh an dein scheiß Telefon!

„Ich will nicht. Es tut so weh.”, wimmerte ich. Jetzt setzte das Wippen ein. Vor, zurück, vor, zurück.
Keinen der letzten vier Anrufe hatte ich beantwortet.
Das Lied lief immer noch im Hintergrund. Er hatte es für mich geschrieben. Nach dem dritten Anruf.
Ich versuchte meine Atmung zu beruhigen, bevor ich schon wieder Schluckauf bekam.
Ich wünschte mir so sehr, dass das ein verdammter Traum war. Warum war es keiner? Sah Gott nicht, wie ungerecht er war?

Show my cards,
Gave you my heart,
Wish we could start all over.
Nothing's makin' sense at all.
Tried to open up my eyes,
I'm hopin' for a chance to make it alright.
When I wake up,
the dream isn't done.
I wanna see your face,
and know I made it home.
If nothing is true,
What more can I do?
I am still painting flowers for you,
I am still painting flowers for you.

Mein Blick wanderte erneut durch den Raum und blieb an unserem Schlafzimmer hängen. Mein Schlafzimmer. Ich konnte dort unmöglich Schlaf finden. Aber hier auch nicht. Dabei war ich so unglaublich müde.
Und die Kopfschmerzen waren wieder da.
Das nächste, was ich mitbekam, war wie ein Schlüssel im Schloss umgedreht wurde.
Mein Hirn hatte wohl so etwas wie eine Kurzschlussreaktion.
Ich sprang von der Couch und rannte zur Haustür. Er musste es einfach sein. Bitte, bitte, bitte.